«Energie und Emission müssen zwingend Bestand architektonischer Überlegungen werden»

22.03.2022 - Es ist eine klare Botschaft von Prof. Peter Schürch, die er im Rahmen der Fachverstanstaltung «Solararchitektur - F&E, Trends und Best Cases» den Anwesenden mitgab.

Rund 60 Personen nahmen am Anlass teil, zu dem ebw gemeinsam mit dem Institut für Energiesysteme und Fluid-Engineering der ZHAW School of Engineering eingeladen hat.

Lesen Sie das komplette Interview:

ebw: Sie nennen das Ernten von Solarenergie ganz selbstverständlich einen «Bestandteil einer neuen Baukultur». Weshalb?

Peter Schürch, Jurypräsident Norman Foster Award: Die Sonnenenergie ist unerschöpflich, sauber und für alle zugänglich. Es ist unsere Pflicht, im Interesse der Umwelt und der Luftqualität, zur Vermeidung der Ressourcen- und Energiekriege und aus strategischen Überlegungen einer unabhängigen Energieversorgung unser Energiesystem von fossil/Gas auf die Sonnenenergie umzustellen. Unsere Gebäude lassen sich umbauen, damit die Sonnenenergie passiv und aktiv geerntet werden kann. Energie und Emission müssen zwingend Bestandteil architektonischer Überlegungen werden, ohne gestalterische Einbussen, daher meine Forderung für eine neue Baukultur.

ebw: Welche Entwicklungen im solaren Bauen beobachten Sie in der Schweiz und weltweit?
Peter Schürch: Der Energieverbrauch von Gebäuden, prioritär des Gebäudebestandes, soll markant sinken. Wir versprechen hier viel, halten jedoch auch hier zuwenig Wort. Erst wenn wir passivhausähnliche – oder bessere – Standards gesetzlich einfordern, reduzieren wir unseren Energieverbrauch entscheidend. Ganz ohne jegliche Einbussen an Komfort und baukultureller Qualität!
Die passiven Elemente solaren Bauens, vorab die Entwicklungen bei Verglasungen und Fenstern, würden uns, konsequent in solar konzipierten Gebäuden eingesetzt, im energetischen Schlaraffenland leben lassen!
Die aktiven Elemente des solaren Bauens, PV-Anlagen und Kollektoren, sind in den letzten Jahren viel effizienter und gleichzeitig kostengünstiger geworden, farbig und mit unterschiedlichsten Oberflächen. Bauherrschaften, Investoren, Architektinnen und Architekten können PV-Anlagen nun wirtschaftlich und erst noch gestalterisch schön, ohne Kompromisse, erstellen.
Das muss jetzt auf breiter Front umgesetzt werden, da müssen wir einen Zacken zulegen!

ebw: Wo sehen Sie das grosse Potenzial des solaren Bauens im bestehenden Schweizer Gebäudepark?
Peter Schürch: Die Kraft der Sonne spüren wir alle auf unserer Haut. Das Potenzial ist enorm – wir sollten in der Schweiz eine Anbauschlacht, dachintegrierter PV-Anlagen ins Auge fassen. 30 bis 40% aller Dachflächen genügen, um die benötigte jährliche Energie hier, sauber und unabhängig zu erzeugen. Der Rückblick auf die letzten Jahren zeigt klar auf, wir sind daran, wie schon Buckminster Fuller in den 50er-Jahren voraussagte, unsere Energie- und Gebäudesysteme von Öl- und Gasbetrieb auf solare Energien (Wind, Wasser, Wellen, PV, etc.) umzubauen. Die ausgezeichneten Bauwerke des Norman Foster Solar Award des letzten Jahrzehnts sind allesamt gebaute Vorbilder (siehe www.solaragentur).

Aufruf von Peter Schürch:

Europa und der Westen sind durch Innovationen, Unternehmertum, die Industrialisierung und Mut, Neues als Chance zu sehen, zu dem geworden, was sie heute sind. Misserfolge und Rückschläge gehören dazu und säumen den Weg vieler Erfolgreichen und Pioniere.

Wir brauchen heute junge Köpfe, neue Ideen und den Mut aufzubrechen, wie es viele Generationen vor uns auch taten. Es lohnt sich. Engagieren Sie sich und setzen wir uns ehrgeizige energetische Ziele


Fachveranstaltung «Solararchitektur: F&E, Trends, Best Practices"
17. März 2022
Präsentationen und Impressionen